Sie rasieren sich nicht die Achseln und tragen auch keinen BH. Feministinnen. Ganz klar, so einfach ist das. Stempel drauf, die nächste.
Auch wenn der Mensch gerne und oft den einfachsten Weg geht, sind auch die berühmt-berüchtigten „BH-verbrennen“ Feministinnen nur ein Mythos. Willkommen bei Part 3 der Aufdeckungsreihe über feministische Klischees, typisch feministisch:
Vorab möchte ich weiter ausholen und mich jenen Frauen widmen, die nicht den Weg des einfachsten Widerstands genommen haben:
Es begann mit Lina Esco, einer amerikanischen Schauspielerin und Regisseurin. Für ihren eigenen Dokumentarfilm begann sie in New York gegen die Kriminalisierung und Zensur von weiblichen Brüsten zu protestierten. Sie erschuf die FREE THE NIPPLE Kampagne und ehe man sich’s versah konnte man weltweit beobachten, wie mutige Frauen* ihrem Aufruf folgten: Gruppen wurden gebildet und Fotos von Frauen oben-ohne oder mit Tape über ihren Nippeln überfluteten das Internet und Social Media.
Leider führen weibliche Nippel auch in Österreich immer noch schnell mal zu Erregung öffentlichen Ärgernisses. Männer hingegen könnten genauso gut oben ohne am Samstag vor Weihnachten über die meistbesuchte Einkaufsstraße Wiens laufen.
Die Kampagne hat einen globalen Stellenwert in der Thematik rund um weibliche Sexualität und Sicherheit eingenommen. Aber, es ist nicht zuletzt eine feministische Angelegenheit den Frauenkörper in Alltagssituationen nicht zu differenzieren. Fotos von Männern und Frauen oben-ohne stehen in der #freethenipple Kampagne als anatomisches Symbol der Gleichstellung konträr zur de-sexualisierung von „männlichen Nippeln“ und der sexualisierung von „weiblichen Nippeln“. Denn wenn wir uns mal ehrlich sind, haben wir alle Brüste. Ob groß oder klein macht keinen Unterscheid, egal ob sie nun Milch für Säuglinge produzieren können oder nicht. Wenn nun Brüste im öffentlichen Raum (siehe auch online auf diversen Social Media Kanälen) verboten werden, macht sie das zu mehr als nur einer Brust mit biologischer Funktion, nämlich einem mysteriösen Objekt ... der Begierde? Man könnte es ja glatt Fetischisierung nennen. Allein, dass Facebook Fotos von stillenden Müttern löscht, während anzüglich posierende halbnackte Frauenfotos in Ordnung sind, ist im wahrsten Sinne des Wortes Sinnbild der Problematik.
Quelle: Flair.be (Tumbler)
Mir persönlich geht es nun aber nicht darum, dass ich um jeden Preis bei winterlichen Temperaturen nackt shoppen gehen will (wer hätte sich das gedacht?). Nein, mir geht es einerseits um’s Prinzip: denn sollte ich eines Tages selbst eine Tochter haben, wünsche ich mir für sie, dass es keine einzige Situation in ihrem ganzen Leben gibt, in der sie sich aufgrund ihres Geschlechts oder wegen ihrer Brüste anders verhalten muss oder gar diskriminiert wird. Andererseits geht es hier auch darum, Frauen die Möglichkeit zu geben frei von Erniedrigung und Verurteilung – ja genau: ohne, dass sich überhaupt jemand anmaßt darüber zu urteilen – ihre Nippel nicht verstecken zu müssen.
Und da wären wir wieder beim Brusthalter. Wenn ich ein Top ohne BH tragen möchte, weil - man stelle sich vor ein BH hat Bügel aus Metall und das kann ganz schön drücken - dann möchte ich dafür nicht tausend verurteilende Blicke ernten müssen, weil man den Durchdruck meiner Nippel sieht.
Quelle: madame.de (
justinalexanderbartels.com)
Und ja auch ich habe mittlerweile diese hoch-innovativen Bügelfreien BHs, die dann aber leider dazu neigen zu verrutschen und es kann nun mal nicht jede Körbchengröße B haben.
Warum kommt im Leben eines Mädchens früher oder später der Zeitpunkt, an dem sie BHs tagtäglich tragen? Wozu? Ich sage absichtlich nicht müssen, denn wir wollen es ja auch!
Als Kinder spielen wir an heißen Sommertagen doch alle nur in Unterhose im Sand.
Wie kommt es also, dass der konventionelle Zwang sich zu verhüllen im 21 Jahrhundert noch so präsent ist?
Es ist nicht typisch feministisch keinen BH zu tragen. Es ist selbstbewusst und selbstbestimmt zu sagen:
Heute nicht! Heute habe ich keine Lust meine Brüste in einen BH zu packen.
Aus welchem Grund auch immer.
Und wenn dann jemand glotzt, frage ich diese Person, egal ob nun männlich oder weiblich, ob sie denn selbst keine Nippel hat!?
Für eine gleichberechtigte Nippel-volle Zukunft! #freethenipple