Statt am Küchentisch ficken, Babysocken stricken!

Statt am Küchentisch ficken, Babysocken stricken!

Sex während einer Schwangerschaft ist manchmal eine Challenge. Und oftmals extrem lustvoll! Ist der Säugling dann endlich da, ist die Situation wieder eine völlig neue. Viele hoffen nun auf eine baldige Phase, in der es zumindest sexuell endlich wieder so wird, wie es vorher war. Aber dieses "so wie früher" tritt meist nicht ein. Müdigkeit, Stillen, Wochenfluss, Nachwehen, Wickeln, Schmerzen, Zeitmangel, schreiendes Kind… Die Chancen auf lustvolle Zeitfenster werden schlagartig minimiert.


WOW!!!

Was hat mein Körper geleistet? Eine Schwangerschaft und Geburt zu erleben ist schon sehr einschneidend und hinterlässt manchmal auch physische und psychische Spuren. Nach der Entbindung ist alles anders? - Manches vielleicht.


Das Körperempfinden während und nach einer Schwangerschaft hat möglicherweise einen Einfluss auf die Sexualität der Mutter*. Der eigene Körper wird neu kennengelernt und erkundet. Es machen sich Dankbarkeit und Stolz breit, ein neues Wesen wird willkommen geheißen.


Und eine Frage beschäftigt dann irgendwann doch:
Wann darf ich wieder Sex haben, gemeint ist Penis in Vagina.
• Habe ich überhaupt LUST?
• Lust, mich selbst zu berühren?
• Wie spüren sich meine Brüste an?
• Wie fühlt sich meine Vulva und Vagina an?
• Habe ich Lust auf meinen Partnerin?
• Wie soll sich der erste Sex nach der Geburt anfühlen?
• Wo möchte ich hinspüren?
• Ist es normal, was ich da spüre, sind Schmerzen normal?


Die Rollenerwartung der Gesellschaft

Der Rollenkonflikt, in dem sich gerade junge Mütter* befinden, ist oftmals sehr präsent. Vormals eine unabhängige, freie Frau* und dann die nährende, fremdbestimmte und aufopfernde Mutter*. Ein Rollenkonflikt, der Spuren hinterlässt, manchmal auch für eine gefühlte Ewigkeit!

Eben dieser macht die Mutter*rolle so anstrengend. Es ist nicht nur die Arbeit, die mit dem Mutter*-Sein einhergeht. Es ist viel mehr die emotionale Belastung, die hormonelle Achterbahn und die neu hinzugekommene Care-Arbeit.


Das strengt an und laugt aus. Sogar so weit, dass viele Mütter* den Kontakt zu sich selbst verlieren. Sie funktionieren nur noch. Sie haben wenig Zeit, sich um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern.


Erwartungen an Mütter*

Frauen*, die sich nach einer Geburt gehen lassen, machen etwas falsch! Das wird von vielen Seiten angetriggert. Sei es, nicht schlank genug zu sein, die Pflege des Babys nicht so durchzuführen, wie es sich gehört, oder nur noch mit einer Jogginghose bekleidet durch den Alltag zu schlendern.


Doch sollen wir alles sein dürfen, was wir wollen. Vor allem wir selbst - in allen Facetten. Und manchmal sind Mütter* so erschöpft, dass sie einfach nur noch schlafen möchten, ohne schlechtes Gewissen, kuscheln, oder gar Sex.


Neue Welten

Sex ist ein Grundbedürfnis.

Die Mischung aus Überforderung im Alltag und Kraftlosigkeit empfinde ich bei Müttern* mit Abstand als die größte Herausforderung. Viele stellen ihre eigenen Bedürfnisse und/oder die als Paar zu weit zurück.
Dies wird auch von Familie und Freunden verstärkt, wenn die Willkommensgeschenke für das Neugeborene überreicht werden. Das neue Leben soll gebührend gefeiert werden.


Die klassischen Mitbringsel sind oft praktische Alltagshelfer fürs Baby. Für die Mutter* gibt es Stilltee oder ein Öl gegen Dehnungsstreifen. Wie wäre es mal mit einem Sextoy oder Liebeskugeln, die auch noch super für die Rückbildung des Beckenbodens geeignet sind?
Gleichzeitig fehlt mir in Sex- und Beziehungsratgebern der Bezug auf die neue Lebensrealität der Frau*.


Der sich tagtäglich wiederholende Rhythmus ist von Routinen durchzogen. Das macht impulsiven Sex nahezu unmöglich. Es muss organisiert werden, dadurch ist die Leichtigkeit und Spontanität, die viele als sehr lustvoll empfinden, weg! Der Zeitfaktor ist oft ausschlaggebend, sei es beim Solo-Sex, wenn das Kindergeschrei den Weg zum Orgasmus schlagartig unterbricht, oder beim Paarsex, wenn es schnell gehen muss - ein Ohr immer beim Kind. Hier bleibt der weibliche* Höhepunkt nicht selten aus! Deswegen kann es sehr wertvoll sein, qualitative Paarzeit zu schaffen.



Als alleinerziehende Mutter* wird das Ganze noch weniger spontan. Um hier eine lustvolle und befriedigende Sexualität zu leben, bedarf es eines sehr großen Organisationstalentes und einer grundlegend sexpositiven Haltung.


Doch will unsere Gesellschaft überhaupt Mütter*, die sexuell selbstbestimmte Wesen sind?
JEIN!


Die klassische Rollenaufteilung ist zwar nicht mehr gegeben, aber dennoch spürbar und gerade in Zeiten einer Pandemie, rückt eben diese mehr in den Fokus. Und wird durch eine konservative Regierung noch mehr angefeuert.


Frauen*, kümmert euch um eure Kinder! Seid Hausfrau*, Mutter*, Lehrkraft, Reinigungskraft, Berufstätige* und Partnerin* und Sexbombe.
Klingt stressig?
Ist es auch!


Und was erschwerend dazukommt, ist leider immer noch SCHAM.
Als ich letztens am Spielplatz war und anderen befreundeten Müttern* von meiner Idee zu diesem Gastbeitrag erzählte, fragte ich sie, wie sie zu dem Thema stehen, da waren plötzlich alle betreten und gingen schweigend weg.



Was hab ich getan? Ich gehe mit dem Thema der weiblichen* Lust immer sehr offen um, weil ich es für immens wichtig halte, darüber zu sprechen, aufzuklären und Fragen zu beantworten. Im beruflichen wie im privaten Kontext.



Meine Utopie wäre, dass viel mehr Frauen* zufriedener mit sich selbst und ihrer Sexualität sind. Dass man als Mutter* die eigenen Bedürfnisse leben kann, in die Kraft kommen kann. Auch als Vorbildwirkung für die Kinder: “Ich nehme mich wichtig!“


Wieder Frau* sein

Erfüllende Sexualität ist erlernbar und das ein Leben lang, hier ein paar Anregungen für dich, um, wenn gewollt, wieder ins Spüren zu kommen:
• Wie stehst du zu deinem Geschlecht und deinem Körper?
• Berührst du dich gerne? Wenn ja, wo?
• Was erregt dich?


Wenn du neue Impulse in deine Sexualität integrieren möchtest, kannst du Folgendes versuchen:
Praktiziere regelmäßig Selbstliebe, ob in Form von Selbstbefriedigung oder Ritualen, zelebriere und feiere deinen Körper und deine LUST.


Durch eine bewusste Wahrnehmung im Körper können die sexuellen Fähigkeiten gezielt erweitert und entwickelt werden. So besteht die Möglichkeit, die Erektions- und Orgasmusfähigkeit zu intensivieren.

Ich bin davon überzeugt, dass Mütter* eine lustvolle, erfüllende und befriedigende Sexualität leben können. Frei von Druck und irgendwelchen Zwängen. Gerade in einer Sexualberatung oder Sexualtherapie kann man sich Anregungen und Tipps für die eigene und/oder gemeinsame Sexualität holen.


Lebe DEINE Lust!


Bildquelle


Viva La Vulva Gastautorin

Ursula Wilms-Hoffmann

Ursula ist in Kärnten geboren und während ihrer Studienzeit nach Wien gezogen. Nach einem guten Jahrzehnt im urbanen Raum, nun mit mittlerweile 3 Kindern, ist sie aufs Land gezogen. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin im Bereich der offenen Jugendarbeit in Wien. Ihr ist es als Feministin sehr wichtig, unabhängig und gleichberechtigt zu sein. Gerade in puncto Familie und Kindererziehung. Sie hat einige zusätzliche Ausbildungen absolviert, unter anderem zur Yogalehrerin, systemischer Coach und zur Sexualpädagogin.

Seit einiger Zeit ist sie neben ihrer Anstellung zusätzlich als Sexualberaterin, Sexualpädagogin, psychologische Beraterin und Coach, selbstständig tätig. Wenn du mehr über Ursula erfahren möchtest, schau auf ihre Website www.lebelieber.org oder auf Instagram @lebelieber.org

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