Wer darf "Frau" sein?

Wer darf "Frau" sein?

In den vergangenen Wochen gab es, in Reaktion auf einen Post von Harry Potter-Autorin J.K. Rowling, eine große Debatte zum Thema „Frau sein.“ Wer darf sich überhaupt "Frau" nennen? Und wie viel hat das mit dem biologischen Geschlecht zu tun?


Ich schreibe diesen Beitrag als weiße, heterosexuelle, sich als Frau identifizierende Feministin. Das heißt meine Erfahrungen und mein Wissen sind beschränkt. Egal wie viele Artikel ich über das Thema lese, ich werde nie wirklich verstehen, was es bedeutet, eine Trans-Frau zu sein. Diskriminierungen im Patriarchat sind vielfältig und nicht jede Frau* führt die gleichen Kämpfe. Trotzdem schreibe ich diesen Beitrag, weil ich es wichtig finde, sich zu solidarisieren, über den eigenen Tellerrand zu schauen und vor allem nicht zu schweigen.


Was bisher geschah

Ausgelöst wurde die Diskussion durch einen Post von J.K. Rowling auf Twitter, in dem sie sich über die Phrase „People that menstruate“ lustig machte. „I’m sure there used to be a word for those People,“ schreibt Rowling. Doch nicht nur Frauen menstruieren. Die Phrase „Menschen, die menstruieren“ wird gerade deshalb verwendet, um menstruierende Menschen, die sich nicht als Frauen identifizieren einzubeziehen, z.B. Trans-Männer. Das ist wichtig, denn Personen, die sich nicht als Frau identifizieren und menstruieren, sind meist noch stärker vom schambesetzten Stigma rund um die Periode betroffen.


https://twitter.com/jk_rowling/status/1269382518362509313?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1269382518362509313&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.derstandard.at%2Fstory%2F2000118141880%2Fgender-debattej-k-rowling-und-die-frage-wer-sich-frau

Mit ihrem Twitter-Kommentar zeigt die Autorin klar, dass in ihrer Vorstellung, eine Frau weibliche Geschlechtsteile haben muss. Und das bitte von Geburt an. Konkret bedeutet das für Trans-Personen, dass ihnen abgesprochen wird, ihre Geschlechtsidentität selbst zu bestimmen.


In den letzten Wochen erntete J.K. Rowling dafür berechtigterweise sehr viel Kritik. Unter anderem auch vom ehemaligen Harry Potter-Cast Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint, die ihre Unterstützung für Trans-Personen deutlich machten. Wohlgemerkt ist das nicht das erste Mal, dass J.K. Rowling sich transphob auf Social Media äußert. Im Dezember 2019 solidarisierte sie sich mit einer britischen Wissenschaftlerin, die aufgrund diverser diskriminierend eingestufter Aussagen, ihren Job verlor.


Bei dem Versuch, sich zu rechtfertigen, veröffentlichte J.K. Rowling später einen Essay, in dem sie Gewalterfahrungen mit ihrem Ex-Mann als Grund nennt, sich aufgrund des aktuellen Transaktivismus beunruhigt zu fühlen. Sie schreibt: "Wenn man die Tür zu Toiletten und Umkleiden für jeden Mann aufreißt, der glaubt, eine Frau zu sein, dann öffnet man die Tür für jeden und alle Männer, die hineinkommen wollen."


Den wohl besten Konter dazu liefert die Autorin Laurie Penny:


Einer marginalisierten Gruppe Menschenrechte zu verwehren unter dem Vorwand, dass ein Mitglied der Gruppe eines Tages eine Straftat begehen könnte, ist der Kern von Vorurteilen.

Laurie Penny

Wer „darf“ Frau sein und wer nicht?

Es ist eine feministische Debatte aus den 1980ern, die nun in den Mainstream geschwappt ist: Über wen sprechen wir, wenn wir über „Frauen“ sprechen?


„TERF“ ist ein Begriff, der in der Diskussion rund um J.K. Rowling immer wieder fällt. Es handelt sich dabei um die Abkürzung für „Trans-Exclusionary Radical Feminist,“ also Feministinnen und Feministen, die Trans-Frauen vom Frau-Sein ausschließen möchten. Für Trans-Menschen bedeutet das, dass sie sprachlich unsichtbar gemacht werden und ihre geschlechtlichen Identitäten angezweifelt oder gar abgesprochen werden. Statt Geschlecht als soziale und politische Tatsache, die von unserer Gesellschaft gestaltet wird zu begreifen, sei das Geschlecht biologisch festgelegt und damit unveränderbar. Das bedeutet, es gibt bestimmte männliche und weibliche Körperteile, die uns für immer und ewig zu Männern oder Frauen machen. Klingt veraltet und binär? Ist es auch!


Trans-Frauen sind Frauen*

Nicht alle Frauen* haben eine Vulva und nicht alle Menschen, die eine Vulva haben, sind Frauen*. Damit könnten wir auf Viva La Vulva jeden Blogbeitrag beginnen, denn leider gibt es immer noch zu viele Menschen, die aufgrund der binären und hetero-normativen Prägung unserer Gesellschaft, beabsichtig oder unbeabsichtigt, das biologische Geschlecht mit Geschlechteridentität verwechseln.


Viva La Vulva. Wir haben den Namen unseres Vereins bewusst gewählt. Bewusst provokativ. Nicht weil wir biologisch-deterministisch-orientiert oder TERFs sind, sondern weil für uns die Vulva mehr ist, als ein körperliches Geschlechtsmerkmal. Die Vulva steht für Lust und Leidenschaft, die sich nicht um hetero-CIS-Männer dreht. Sie steht dafür, dass das private politisch ist und gegen das Tabu, einer selbstbestimmten und freien Sexualität für ALLE.


Unsere Vision ist eine gleichberechtigte und gleichgestellte Gesellschaft in der Menschen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Herkunft, ihr volles Potenzial ausschöpfen können.


Dieser Satz steht, seit unserer Gründung auf unserer Website und in unserem Statut. Diese gleichberechtigte und gleichgestellte Gesellschaft kann niemals binär, hetero-normativ oder nationalistisch sein. Sie kann nicht Identität und Würde von Trans-Personen infrage stellen.



Weiterlesen:

https://www.derstandard.at/story/2000118141880/gender-debattej-k-rowling-und-die-frage-wer-sich-frau
https://medium.com/@pennyred/terf-wars-why-transphobia-has-no-place-in-feminism-60d3156ad06e
https://twitter.com/jk_rowling/status/1269382518362509313?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1269382518362509313&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.derstandard.at%2Fstory%2F2000118141880%2Fgender-debattej-k-rowling-und-die-frage-wer-sich-frau

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