Ich weiß noch genau, wie ich als kleines Mädchen angefangen habe, über meine Vulva zu sprechen. Natürlich habe ich nicht „Vulva“ gesagt, sondern kurzerhand alles, was sich da so zwischen meinen Beinen befand, als „Zwutschgi“ bezeichnet. Ein lustiges Wort, aber es stellt sich die Frage: Wieso brauchen wir überhaupt Ersatzwörter für Kinder, um die Vulva zu beschreiben, während die Nase eine Nase, die Hand eine Hand und ein Fuß ein Fuß bleibt? Die derzeitige Realität ist, dass viele erwachsene Menschen nicht in der Lage sind, offen und neutral mit ihren Kindern über den weiblichen* Körper zu sprechen und um die Vulva verbal einen großen Bogen machen. Sie wird dadurch von einem normalen Körperteil zu etwas Schambehaftetem, über das nur in kryptischen Umschreibungen gesprochen werden kann.
Es geht aber auch anders: Das Kinderbuch „Lina, die Entdeckerin“ vom Achse-Verlag nimmt junge Leserinnen* mit auf eine Reise, bei der der eigene Körper, aber vor allem die Vulva erkundet wird. Anhand von verschiedenen alltäglichen Situationen wie Baden, aufs Klo Gehen oder der anstehenden Geburt eines Geschwisterchens wird Kindern der weibliche* Körper Seite für Seite nähergebracht.
Die Geschichte von Lina soll durch den schambefreiten und selbstverständlichen Zugang zum Körper dazu beitragen, heranwachsenden Mädchen zu einem positiven Körpergefühl zu verhelfen.
Leicht verständlich wird außerdem rund um Themen wie richtige Hygiene, Nacktheit und Körperbehaarung aufgeklärt.
Die Geschichte selbst spricht für sich: So surft Lina während ihrer Reise auf einer Binde die Vagina entlang, zeltet auf dem Venushügel und forscht sich durch den Scheidengang. Das Buch kann neben den erzieherischen Aspekten also auch in Punkto Spannung durch Linas abenteuerliche Forschung überzeugen. Mithilfe von kurzen Reimen angelt sich Lina als freche und liebenswerte Heldin durch den weiblichen* Körper und ebnet so den Weg zu einem offenen und selbstbewussten Umgang mit ihm. Besonders geglückt ist außerdem das Lupenfeature um im Buch, das man auf zahlreichen Seiten findet und die Leserinnen* auf einen informativen Exkurs mitnimmt. Dann geht es zum Beispiel um richtige Körperhygiene, die Periode oder die weibliche* Anatomie. Diese Informationen werden auch hervorragend durch liebevolle und körperlich diverse Abbildungen illustriert. Die Diversität beschränkt sich nicht nur auf die Zeichnungen der Vulva, sondern die Autor*innen werden dieser auch ganz allgemein in den Illustrationen durch unterschiedlichste Hautfarben und Körperformen gerecht.
Fazit
„Lina, die Entdeckerin“ überzeugt einerseits durch die kreative Herangehensweise an Vulva und Co und haucht der Geschichte mithilfe von farbenfrohen Illustrationen und didaktisch wertvoll aufbereiteten Informationen Leben ein. Das Buch hilft dabei, die Angst und das Schamgefühl vor dem Wort „Vulva“ zu nehmen und jungen Mädchen* einen selbstbewussten und positiven Umgang mit dem eigenen Körper zu ermöglichen. „Lina, die Entdeckerin“ leistet einen wichtigen Beitrag für eine neue Generation, die hoffentlich kein „Zwutschgi“, keine „Mumu“ und keine „Muschi“ mehr als Ersatzwort braucht und stattdessen ganz selbstverständlich und wertfrei mit der eigenen Vulva umgehen kann.
Das Buch „Lina, die Entdeckerin“ könnt ihr hier um 22€ bestellen.