Die auf der Flucht geborene 17 Jahre junge Frau beweist immer wieder mit ihrem tatkräftigen Aktivismus, ihren mutmachenden Worte und ihrem starken Dasein, dass man es auch mit weniger angeborenen Privilegien weit bringen kann. Was sie antreibt Tabus zu brechen und wie sie mit sexistischen Hassbotschaften in ihrem Alltag umgeht, lest ihr hier.
Sihaam engagiert sich als die erste Black Hijabi leidenschaftlich in der Wiener Landesschüler*innenvertretung. Sihaam setzt sich für viele und diverse gesellschaftspolitische Themen ein. Angefangen beim Klimaschutz bis hin zu Antirassismus. „Ich würde meinen Aktivismus als universell bezeichnen, allerdings mit einem Fokus auf Feminismus, Antirassismus und Mental Health. Generell setze ich mich für das Garantieren der Menschenrechte ein.“, erklärt mir die Hijabi über „Zoom“. Das Kopftuch trägt sie mit Stolz und Überzeugung – gerne auch mal mit ihrem Buckethead über dem Kopftuch. Sihaam hat Style!
Sihaams Interesse für politische Geschehnisse kommt aber nicht von irgendwo her. Verantwortlich für ihr politisches Engagement macht sie die Erfahrungen, die sie seit Kindesalter sammeln musste. Sei es, wie es viele Migrant*innen zweiter Generation auch kennen, das Dolmetschen für die eigene Mutter oder gar das Miterleben von Angriffen gegen diese auf offener Straße. Diese und viele ähnliche traumatische Erlebnisse sind Momente in ihrem Leben, in denen sie nicht mehr wegschauen konnte. „Desto älter ich geworden bin und ich mehr Erfahrungen mit Diskriminierung jeglicher Art gemacht habe, realisierte ich, dass mir eine Grenze von alten weißen Männern aufgezwungen wurde, die ich ohne gewissen Veränderungen nicht überschreiten kann.“
Intersektionaler Feminismus > Feminismus
Nicht selten betitelt sich Sihaam in ihren Reden und Texten offen als Feministin. Wenn es um die negative Konnotation des Begriffes: „Feminismus“ geht, sieht Sihaam das etwa so: „Feminismus bedeutet Gleichberechtigung. Gleichberechtigung führt zu Chancengleichheit und diese wiederum zum gleichen Lohn.“ Die negative Konnotation kann Sihaam nicht nachvollziehen. In unserer patriarchalen Realität, in der Frauen* immer noch rein wegen ihres Geschlechtes diskreditiert wird, sieht sie sich in der Verpflichtung, sich wehren zu müssen. Dabei hilft ihr der intersektionale Feminismus.
Dass ihre Vorstellung von Feminismus intersektional sein muss, erklärt Sihaam mit den Diskriminierungserfahrungen, die sie wegen ihren Wurzeln machen musste. Der 17-jährigen Somali wurde von klein auf eingetrichtert, wie sich eine Frau* in ihrem Kulturkreis zu verhalten habe. An erster Stelle – wie könnte es anders sein– stehen die Haushaltsverpflichtungen. Dass ein Mann mitanpacken könnte, steht nicht zur Debatte. Das gehört sich als männlicher Somali einfach nicht.
Hass und Hetze wird zum Hauptmotivator!
Dass Sihaams feministische Überzeugungen nicht unbedingt bei allen gut ankommen, bekommt die junge Frau oft zu spüren. Nicht selten wird ihr Aktivismus auf ihre Hautfarbe, ihre Religion und auf ihr Geschlecht reduziert. Insofern bietet Sihaam viele Angriffsstellen.
„Hass und Hetze beeinflusst die mentale Gesundheit stark. Nichtsdestotrotz muss ich zugeben, dass bei mir rassistische, sexistische DMs dafür sorgen, dass ich sogar noch überzeugter von mir und meiner Arbeit bin. Wenn ich alten weißen Männer auf die Nerven gehe, kann ich alles nur richtig gemacht haben. Die Arbeit, die wir leisten, ist unsere Art zu zeigen, wie sehr wir nach Veränderung streben. Die Missstände, die wir kritisieren, sind für so viele Mitmenschen Realität. Unsere Aufgabe liegt darin, für sie den Raum zu kreieren, in dem sie ihre Stimmen hörbar machen können!"
Mein Rat für meine aktivistischen Kolleg*innen: “Don’t give two fucks about what other people say. Period.“